Über die Jahre kommen einigen Stunden auf und neben der Yogamatte auf mein Konto.
Die Asana Praxis ist idR hoffentlich etwas recht Ruhiges – also kein Geplapper im Raum bzw. rund um die Matte.
Was im Kopf so abgeht – das steht natürlich auf einem ganz anderen Blatt Papier; und es ist klar, dass es vor allem anfänglich – aber durchaus auch nach vielen Jahren auf und um die Matte – immer mal zu einem wahren Dialog/Monolog-Chaos im Kopf kommt.

Größeres Ziel als das “perfekte Asana“ sollte das Beruhigen eben dieses “Geplappers“ im Kopf sein. Wie schon in Patanjali’s Yoga Sutra 1.2 steht: “Yoga citta vrtti nirodha“. Ziel des Yoga ist, die Gedanken im Geist bzw. den Geist im Wachzustand und bei vollem Bewusstsein zur absoluten Ruhe zu bringen -> Yoga ist das zur-Ruhe-bringen der Gedanken. Vers 3 “Tada drastuh svarupe’vasthanam“ sagt dann, dass “durch das zur-Ruhe-bringen der Gedanken die Selbstverwirklichung, Gottverwirklichung, Erleuchtung und Befreiung passiert“, denn erst dann “ruht der Sehende in seinem wahren Wesen“.

Dies soll nun aber kein Sutra-Aufsatz werden und ich möchte auch nicht die Definition der absoluten “Befreiung“ diskutieren. Vielmehr will ich einen Schritt zurück machen, und mich einmal über all meine citta vrttis auslassen – wenn ich selbst auf der Matte bin, aber auch, wenn ich unterrichte. In meiner eigenen Asanapraxis schaffe ich es mittlerweile meist recht gut, tatsächlich das Kopfkino auszuschalten. Aber wenn ich unterrichte fällt mir auf, dass ich immer wieder die gleichen Dinge beobachte und entsprechend die gleichen Gedanken bei mir bemerke. Diese habe ich einmal versucht in einer losen Sammlung aufzuschreiben. Vermutlich wird sich hier jeder mehr oder weniger selbst wieder finden. Und dann soll er/sie sich nicht unangenehm auf die Füße getreten fühlen sondern vielleicht einfach beim nächsten Mal auf der Matte ein bisschen “soul-searching“ bzw Selbstreflexion üben.. natürlich ohne zuviele Gedanken

  • Es gibt kein Asana, in dem die Zähne zusammengekniffen werden.
  • Es gibt auch kein Asana, in dem das Gesicht zu einer schmerzverzerrten oder wild-entschlossenen, vom Ehrgeiz gezeichneten Grimasse verzogen wird.
  • Oft – sehr oft sogar – ist auf der Matte weniger MEHR.
  • Was genau war nochmal das mit dem Atem?
  • Es ist sehr gut sichtbar, ob Bandhas vorhanden sind oder ob sie bereits die Matte verlassen haben.
  • Überdehnte und überstreckte Gelenke sind gar nie nicht erwünscht.
  • Wir sind oft unser größter Feind – wir oder unser Ehrgeiz – oder alle beide.
  • In jeder Vorbeuge soll ein bisschen Rückbeuge sein – und vice versa.
  • Meine Asanapraxis ist nicht Deine und Deine nicht meine.
  • Asanas leben nicht – sie verletzten uns nicht – wir verletzen uns – wir und unsere Art, wie wir an das Asana heran gehen.
  • Warum?
  • Was ist Atem?
  • Warum lacht ihr so selten?
  • Warum genau wird jetzt geredet?
  • Und was genau hat seine/ihre Asana Praxis mit Deiner zu tun?
  • Warum muss ich das jetzt nochmal erklären?
  • Warum tue ich das hier eigentlich alles?
  • Atme ich noch? Atmen sie noch?
  • Warum so verbissen?
  • Sag ich doch schon lang.
  • Wo ist die Leichtigkeit und Freude geblieben?
  • Warum jetzt genau eine Pause?
  • Wo ist der Atem hin? Man kann IMMER atmen.
  • Warum liebst Du dieses Asana eigentlich nicht?
  • Warum hast Du vor diesem Asana Panik?
  • Warum erwarten wir auf der Matte soviel und geben oft so wenig?
  • Wer hat gesagt, dass Yoga einfach ist?
  • Wer hat gesagt, dass Yoga schwer ist?
  • Was ist Yoga eigentlich?
  • Warum bist Du heute gekommen und hast nicht für Dich praktiziert?
  • Warum bist Du heute nicht gekommen?
  • Warum kommst Du so selten auf die Yogamatte?
  • Was sind eigentlich Deine Wünsche und Vorstellungen bei dem, was Du hier tust?
  • Auch ich vollbringe leider keine Wunder; weder als Schülerin noch als Lehrerin.
  • Es ist DEINE Yogapraxis – die Asanas, die Atmung.. alles. ICH kann es NICHT für Dich erledigen.
  • Es gibt keine Antwort auf diese Frage.
  • Warum so wenig Geduld?
  • Wo liegt die Blockade eigentlich wirklich? Im Körper oder im Kopf?
  • Ich kann das „ich kann das nicht“ nicht mehr hören.
  • Warum nicht auch mal loben?
  • Warum nicht auch mal lachen?
  • Warum nicht auch mal freuen?
  • Nicht immer so ernst.
  • Nicht ganz so albern.
  • Hä???
  • Das fühlt sich jetzt aber komisch an.
  • Das war super.
  • Was war das denn?
  • Woher soll ich das wissen?
  • Warum weiss ich das nicht?
  • Aber das weiss ich.
  • Ich sehe Dich.
  • Ich sehe so viel mehr als Dich.
  • Hab Dich doch selbst einfach mal lieb – so wie Du gerade bist.
  • Sei nicht so hart zu Dir.
  • Sei strenger und ehrlicher zu Dir.
  • Sei fair zu Dir.
  • Warum so nervös?
  • Warum kein Vertrauen? Vertraust Du mir nicht – oder Dir selbst nicht?
  • Was erwartest Du?
  • Vertrau Dir!
  • Atmest Du?
  • Wo ist Deine Disziplin?
  • Wo ist Deine Eigeninitiative?
  • Wie war das mit der Eigenverantwortung?
  • Einmal ist manchmal irgendwie keinmal….
  • Warum fragst Du Dr Google?
  • Warum ist der Atem so hektisch?
  • In der Ruhe liegt die Kraft.
  • Entspann Dich.
  • Gib einfach auch mal nach.
  • Lass einfach auch mal los.
  • Ich habe das auch schon 1000 Mal gemacht.
  • Und Du?
  • Jeder weint mal.
  • Jeder lacht mal.
  • Erlaube Emotionen.
  • Erfahre Gefühle.
  • Nehme sie an.
  • Nimm Dich an.
  • Nimm den Moment an.
  • Hör auf zu vergleichen.
  • Nimm wahr.
  • Zuviele Köche verderben den Brei.
  • Wonach genau suchst Du?
  • Es ist ok.
  • Alles ist gut.
  • Das ist jetzt nicht Dein Ernst?
  • Habe ich nicht genau das schon 100 Mal zu Dir gesagt?
  • Ich habe keine Röntgenaugen.
  • Ich bin kein Arzt.
  • Ich mag Dich, so wie Du bist.
  • Magst Du Dich?
  • Entspann Dich. Vertrau Dir. Sei zufrieden. Hab Dich lieb.
  • Yoga ist kein Sport.
  • Yoga kann gut tun.
  • Yoga kann weh tun.
  • Was tut eigentlich wirklich weh? Tut es wirklich weh?
  • Hat er/sie das jetzt gesehen?
  • Das habe ich gesehen…
  • Warum mag ich dieses Asana – und was mag ich an ihm?
  • Warum mag ich dieses Asana nicht – und was mag ich an ihm nicht?
  • Macht das hier alles Sinn?
  • Danke, dass Du hier warst.
  • Danke, dass ich kommen durfte.
  • Danke, dass Du mich gesehen hast und mir erlaubt hast, zu sein, wer ich bin.
  • Danke, dass Du mir gezeigt hast, was noch alles in mir steckt.
  • Danke, dass Du hier bist.

Und die Liste könnte noch lange weiter gehen. Warum ich das hier aufschreibe? Vielleicht um daran zu erinnern, dass wir alle immer Schüler sind – dass wir alle einfach Menschen sind – dass wir alle mit der Liebe zu uns selbst und dem Annehmen des Moments und des Seins und der Tatsachen beginnen müssen, um andere lieben zu können, die Welt verändern zu können und alles besser machen zu können. Und auch wenn ich als Lehrer das Vertrauen der Schüler brauche – so bin ich doch nicht weiser oder allwissender als die Schüler und so habe ich doch keine Antworten auf alle Fragen und stehe ich nicht über den Dingen. Alles ist oftmals viel einfach und fast banaler, als wir es uns machen…. Die Einfachheit und das Annehmen des Moments zu finden – das ist aber häufig schwerer, als das Bein hinter den Kopf zu bekommen….

We’re in this together… alles, was ich da so denke… vielleicht hast Du das auch schon gedacht? Und obgleich ich das alles denke – liebe ich, was ich tue, und liebe ich diese Praxis schon seit bald 20 Jahren.

Hinweis

Es handelt sich hier um subjektive Gedanken und Eindrücke der Autorin, die keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit und/oder Richtigkeit erheben. Wir leben in einer subjektiv, individuellen Welt – die absolute Wahrheit gibt es sowieso nicht.